Im Dortmunder U läuft zur Zeit die Ausstellung His master’s voice: Von Stimme und Sprache. Nachdem die Kollegin Jutta Seifert in der DGSS-Mailingliste darauf aufmerksam gemacht hat, war meine Neugier geweckt. Zu Christi Himmelfahrt hat es dann geklappt: Statt einen Ausflug mit dem Bollerwagen zu machen, sind wir zur Ausstellung nach Dortmund gefahren.

Als Sprechwissenschaftler denke ich beim Thema Stimme an Dinge wie Stimmstörungen, kindlicher Spracherwerb, Gesangsunterricht, Stimmfeldmessungen, usw. Also eher an technische Aspekte. Die Ausstellung in Dortmund ist allerdings ganz anders ausgerichtet. Der Schwerpunkt liegt ganz eindeutig auf der künstlerischen Auseinandersetzung mit Stimme (und mit Sprache). Auf den ersten Blick fällt die Vielzahl an Videos auf. An allen Ecken hängen Kopfhörer, um Video- und Audiomaterial anzuhören. Spontan macht sich bei mir Skepsis breit: Bei Kunstausstellungen mache ich sonst immer einen großen Bogen um alles, was mit Video zu tun hat, um der Langeweile zu entgehen. In Dortmund kann aber von Langeweile keine Rede sein. Die Ausstellung trägt allerhand spannendes Material zusammen:

  • Videos von Bauchrednern zeigen den kunstvollen Umgang mit der Stimme und spielen auf das Thema Identität an: Ein Mensch spricht mit zwei Stimmen als zwei ‚Personen‘. Monolog oder Dialog?
  • Ein Kleinkind brabbelt ins Mikrofon und begeistert eine evangelikale Kirchengemeinde, die in den Lauten Zungenrede erkennt: Faszinierend und beängstigend zugleich.
  • Ein Schaukasten greift die Frage auf, ob Pippi Langstrumpfs Vater jetzt ‚Negerkönig‘ oder ‚Südseekönig‘ heißen soll. Wir verbringen 20 Minuten diskutierend vor dem Exponat.
  • Ein Demo-Tape von Michael Jackson ist zu hören. Bevor er für das Lied auf seine antrainierte Stimme wechselt, ist er für einen Satz ganz anders zu hören: mit resonanzreicher Männerstimme in mittlerer Tonlage.

Das ist nur ein kleiner Teil der Ausstellung. Insgesamt haben wir gut drei Stunden dort verbracht. An ein paar Stellen hätte ich mir als großer Freund von technischen und naturkundlichen Ausstellungen etwas mehr gewünscht. So gibt es z.B. eine kurze Information über Wolfgang von Kempelens Sprechmaschine. Konstruiert im 18. Jahrhundert und mir bis dahin völlig unbekannt. Leider gab es aber nichts zum anhören oder ausprobieren. (Wer neugierig ist, kann aber bei Youtube oder beim Institut für Medienarchäologie lauschen.)

Insgesamt war ‚His master’s voice‘ eine sehr lohnende Sache. Auch das Dortmunder U als Ausstellungsort ist sehenswert. Wenn ihr hinfahrt, solltet ihr auf jeden Fall das Café besuchen. Aus dem obersten Stockwerk hat man einen wundervollen Blick über die Stadt. Der Kaffee ist prima und die freundliche Bedienung hat uns das letzte Stück Rhabarberkuchen geschenkt. („Das ist ja viel zu klein. Das kann ich Ihnen gar nicht verkaufen.“)