Glaubwürdig wirken – das steht für viele Sprecher weit oben auf der Wunschliste. Aber was genau ist mit Glaubwürdigkeit eigentlich gemeint? Und vor allem: Was genau kann und soll ich im Gespräch tun, damit andere mich als glaubwürdig einschätzen?
Gestern hatte ich das Glück, auf dem Kongress der Gesellschaft für Angewandte Linguistik in Marburg einen Vortrag zu diesem Thema zu hören. Martha Kuhnhenn hat sich damit beschäftigt, welche Gesprächsstile Politiker nach außen hin glaubwürdig wirken lassen.
Erster Schritt dazu: Überlegen, was eigentlich zu Glaubwürdigkeit dazugehört:
- Sachkompetenz – Wer glaubwürdig wirken möchte, sollte so wirken, als würde er etwas von der Sache verstehen über die er spricht. (Soweit das Offensichtliche…)
- Sympathie und soziale Einbettung – statt sozialer Einbettung könnte man auch sagen: Tickt der Sprecher so, wie ich ticke? Ist er gefühlt ‚einer von uns‘?
- Verlässlichkeit und Reputation – Was hat jemand erreicht und welche Erfolge hat er zu verbuchen?
- Verständlichkeit – Wie verständlich drückt sich ein Sprecher aus?
Wir sehen: Zu diesen Merkmalen gehört natürlich mehr als eine bestimmte Art der Gesprächsführung. Ein Sprecher sollte zum Beispiel eine bestimmte Sachkompetenz erworben haben und bestimmte Erfolge vorzuweisen haben. Aber: Diese Stärken sollten auch kommuniziert werden. Wenn Sie nicht nach außen hin sichtbar sind, können sie nicht zur Glaubwürdigkeit beitragen.
Deshalb der zweite Schritt: Was tun Sprecher, um die vier Faktoren der Glaubwürdigkeit zu kommunizieren? Martha Kuhnhenn hat hier eine sehr umfassende Liste von Möglichkeiten gesammelt. Die Bandbreite reicht von ‚Auf Experten verweisen‘ über ‚Emotionen zeigen‘ und ‚Eigene Erfolge thematisieren‘ bis hin zu ‚Beispiele geben‘.
Spannend wird es, weil Martha Kuhnhenn untersucht hat, welcher der vier Faktoren am wirksamsten ist, um als glaubwürdig eingeschätzt zu werden. Im Bereich der Politik gibt es ziemlich deutliche Hinweise auf zwei Gewinner: Soziale Einbettung und Verständlichkeit sind wirksamer als Sachkompetenz und Reputation!
Offen ist die Frage, ob das auch außerhalb der Politik gilt. Hier springen die Anwendungsmöglichkeiten geradezu ins Auge:
- Der Experte, der in seinem Vortrag vor lauter Sachkompetenz nicht auf die Verständlichkeit achtet – und sich vielleicht wundern muss, warum die Hörer ihm nicht glauben.
- Der Sprecher, der meint, dass es unangebracht ist, eigene Emotionen zu zeigen, obwohl ihn das – in Maßen eingesetzt – glaubwürdiger erscheinen lassen könnte.
- Jemand der gerne per ‚man‘ spricht und so die Sachkompetenz betont. Statt per ‚du‘, ‚Sie‘ oder ‚wir‘ lieber die soziale Einbettung zu betonen.
Hoffentlich bleibt Frau Kuhnhenn dran an diesem spannenden Thema!